FINMA-Rundschreiben zu FIDLEG-Verhaltenspflichten: Ablauf der Umsetzungsfrist

Am 1. Januar 2025 ist das FINMA-Rundschreiben 2025/2 – Verhaltenspflichten nach FIDLEG/FIDELV ("Rundschreiben") in Kraft getreten. Die FINMA hat den Finanzdienstleistern für die Umsetzung einiger darin enthaltener Bestimmungen eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2025 eingeräumt. In Anbetracht des bevorstehenden Fristablaufs soll nachfolgend ein detaillierter Überblick über das Rundschreiben gegeben werden.

Das Rundschreiben konkretisiert einzelne Vorgaben des Finanzdienstleistungsgesetzes ("FIDLEG") und der Finanzdienstleistungsverordnung ("FIDLEV") betr. Verhalten und Organisation von Finanzdienstleistern. Es gibt mit Bezug auf die darin abgehandelten Punkte die Praxis und Erwartungen der Aufsichtsbehörde wieder, soll Rechtssicherheit schaffen und eine einheitliche Rechtsanwendung durch die FINMA, die Aufsichtsbehörden und die Prüfgesellschaften sicherstellen. Es handelt sich also um eine Auslegungsarbeit der FINMA und nicht um positives Recht.

Anwendung findet das Rundschreiben auf alle Finanzdienstleister, also auf alle "Personen, die gewerbsmässig Finanzdienstleistungen in der Schweiz oder für Kundinnen und Kunden in der Schweiz erbringen" (Art. 3 lit. d FIDLEG).

Das mit sechs Seiten relativ knappe FINMA-Rundschreiben wird durch die 23-seitigen Erläuterungen vom 31. Oktober 2024 ("Erläuterungen") ergänzt. Darin sind Konkretisierungen enthalten, die für die Interpretation des Rundschreibens unerlässlich sind.

Das Rundschreiben befasst sich mit den folgenden Themenbereichen:

Informationspflichten

Information über die Art der Finanzdienstleistung (Rz. 4)

Zunächst wird verlangt, dass Finanzdienstleister, die Anlageberatung betreiben, klar kommunizieren und dokumentieren müssen, ob sich die Dienstleistung auf ein Kundenportfolio bezieht oder rein einzelfall-, d.h. transaktionsbezogen erfolgt.

Dies ist relevant, weil je nachdem unterschiedliche Pflichten begründet werden: Bei der transaktionsbezogenen Anlageberatung muss für Privatkunden lediglich die Angemessenheitsprüfung durchgeführt werden, d.h. der Berater muss sich über die Kenntnisse und Erfahrungen seiner Privatkundin mit Bezug auf das empfohlene Finanzinstrument informieren. Eine Empfehlung darf nur abgegeben werden, wenn der Privatkunde das Instrument versteht und dessen Risiken erkennt (Art. 11 FIDLEG).

Ein Finanzdienstleister, der die Anlageberatung unter Berücksichtigung des Kundenportfolios erbringt, muss hingegen wie bei der Vermögensverwaltung eine Eignungsprüfung durchführen; deren Inhalt ergibt sich aus Art. 12 FIDLEG und Art. 17 FIDLEV.

Die Eignungsprüfung geht weiter als die Angemessenheitsprüfung, da sich der Finanzdienstleister hier über die finanziellen Verhältnisse und Anlageziele sowie über die Kenntnisse und Erfahrungen der Privatkundin orientieren muss. Eine Empfehlung eines Finanzinstruments darf nur erfolgen, wenn dieses unter Berücksichtigung der "konkreten Kenntnisse der Anlagerisiken und Erfahrungen im Finanzsektor, der finanziellen Situation (Risikotragfähigkeit aufgrund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse) und der Anlageziele (Risikotoleranz und Anlagehorizont)" der Kundin geeignet ist (Erläuterungen, S. 9 f.; zur diesbezüglichen Kritik siehe nachfolgend unter "Angemessenheits- und Eignungsprüfung".)

Dieser Portfoliobezug fehlt bei der transaktionsbezogenen Anlageberatung. Zwecks Verhinderung von Unklarheiten und Missverständnissen über den Leistungsinhalt sowie über die regulatorischen Pflichten des Dienstleisters verlangt das Rundschreiben klare Angaben zur Art der Anlageberatung.  

Das Rundschreiben gewährt keine Übergangsfrist zur Umsetzung der Kennzeichnung und Dokumentation des Anlageberatungstyps. Dies ist schlüssig, da sich die entsprechenden Pflichten bereits klar aus Gesetz und Verordnung ergeben.

En passant hält das Rundschreiben in Rz. 4 fest, dass die zwischen den Finanzdienstleistern und ihren Kundinnen abgeschlossenen Verträge keinen besonderen Formerfordernissen unterliegen, also insbesondere weder der eigenhändigen Unterschrift noch der qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne von Art. 14 OR bedürfen. Dafür fände sich (mit Ausnahme des Spezialfalls von Art. 58 Abs. 2 FIDLEG i.V.m. 83 FIDLEV) im FIDLEG auch keine Grundlage. Aus der Dokumentationspflicht gemäss Art. 15 FIDLEG ergibt sich allerdings, dass die Verträge dokumentierbar sein müssen, d.h. bspw. schriftlich, in anderer Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, oder durch eine dokumentierte Erklärung (Rz. 4).

Information über die mit Finanzinstrumenten verbundenen Risiken (Rz. 5 ff.)

Das Rundschreiben und die Erläuterungen äussern sich ausführlich zur Risikoaufklärung betr. Differenzkontrakte (CFDs), die im Rahmen einer Finanzdienstleistung eingesetzt werden, einschliesslich Informationen über Hebeleffekte, Nachschusspflichten und Verlustwahrscheinlichkeiten. Sodann sind Privatkunden quartalsweise darüber zu informieren, ob sie in den letzten 12 Monaten mit Differenzkontrakten Geld verloren haben, bei Schliessung ihrer Positionen einen Totalverlust ihrer Margen erlitten haben oder nach Schliessung ihrer Positionen einen Negativsaldo nachzahlen mussten.

Da die FINMA betr. die Information über mit CFDs verbundenen Risiken konkrete Vorgaben macht, welche sich in diesem Detailierungsgrad nicht aus dem FIDLEG und der FIDLEV ergeben, gewährt das Rundschreiben für die Umsetzung eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2025.

Information über die mit Finanzdienstleistungen verbundenen Risiken (Rz. 9 ff.)

Nicht erst seit Markowitz und der von ihm entwickelten Portfoliotheorie ist klar, dass sich die Diversifikation positiv auf das Risiko-Rendite-Profil eines Portfolios auswirkt. Konzentrationen betr. Titel und Emittenten gilt es daher zu vermeiden bzw. muss ein Kunde darüber gemäss Art. 8 Abs. 2 lit. a FIDLEG und Art. 7 Abs. 2 FIDLEV informiert werden.

Das Rundschreiben spricht von "marktunüblichen Risikokonzentrationen", über welche der Finanzdienstleister explizit aufklären muss. Hinweise dafür ergeben sich etwa bei Konzentrationen ab 10% in Einzeltiteln und ab 20% bei einzelnen Emittenten. In den Erläuterungen (S. 14) wird klargestellt, dass sich Klumpenrisiken abhängig von Titel und Emittentin auch bei tieferen Schwellenwerten verwirklichen bzw. solche bei höheren Schwellenwerte durch geeignete Massnahmen (z.B. Überwachung der Titelqualität und Messung der Emittentenrisiken) eingedämmt werden können. Auch können sich Klumpenrisiken aus Konzentrationen betr. korrelierende Branchen, Länder und Währungen ergeben. Eine Beurteilung der Konzentrationsrisiken erfolgt daher aufgrund einer Gesamtbetrachtung und die im Rundschreiben genannten Schwellenwerte sind als allgemeine Richtwerte zu verstehen.

Gemäss Rz. 12 des Rundschreibens muss ein Finanzdienstleister die Kunden nicht über Konzentrationen in "kollektiven Kapitalanlagen, die regulatorischen Risikoverteilungsvorschriften unterstehen" informieren. Hier erfolge die Diversifikation auf Produkteebene, weshalb sich eine solche auf Portfolioebene erübrige. Dem ist zuzustimmen. Bemerkenswert ist, dass die FINMA den Dispens von der Informationspflicht bei Kollektivanlagen nur von der Anwendbarkeit von regulatorischen Risikoverteilungsvorschriften abhängig macht. Ob die Kollektivanlage darüber hinaus einer dem Anlegerschutz dienenden öffentlichen Aufsicht untersteht, welche mit dem Schweizer Recht vergleichbar ist, scheint nicht relevant, obwohl daraus allenfalls Emittentenrisiken resultieren können.

Klärt der Finanzdienstleister seine Kunden über marktunübliche Konzentrationen auf und ist der Kunde damit einverstanden, dürfen diese grundsätzlich beibehalten werden.

Das Rundschreiben gewährt den Finanzdienstleistern für die Kundeninformation betr. Klumpenrisiken eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2025.

Angemessenheits- und Eignungsprüfung (Rz. 13 f.)

Wie bereits erwähnt findet die Angemessenheitsprüfung bei der transaktionsbezogenen Anlageberatung und die Eignungsprüfung bei der portfoliobezogenen Anlageberatung und bei der Vermögensverwaltung Anwendung. Umfang und Inhalt der Prüfung hängen von der Qualifikation des Kunden ab.

Das Rundschreiben hält zunächst fest, dass die Finanzdienstleister von den Kundinnen die für die Durchführung der Prüfungen massgeblichen Informationen zu erheben haben. Dies ist eine Selbstverständlichkeit und ergibt sich aus Art. 11 ff. FIDLEG sowie Art. 17 FIDLEV.

Gemäss Rz. 14 des Rundschreibens erkundigt sich der Finanzdienstleister namentlich nach den Kenntnissen und Erfahrungen seiner Kundinnen für jede relevante Anlagekategorie, die bei der Finanzdienstleistung Anwendung findet. Dies ist für die Angemessenheitsprüfung bei der transaktionsbezogene Anlageberatung unbestritten. Allerdings soll dies gemäss Rundschreiben auch für die Vermögensverwaltung und die portfoliobezogene Anlageberatung gelten, wobei hier die "Eigenschaften der Anlagestrategie und eingesetzten Typen von Finanzinstrumenten" berücksichtigt werden sollen.

Es fragt sich, ob diese Auffassung der FINMA mit Art. 12 FIDLEG vereinbar ist: Demnach müssen sich Vermögensverwalter und portfoliobezogene Anlageberater zwar unter anderem über die Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden informieren, doch müssen sich diese auf die "Finanzdienstleistung und nicht auf die einzelnen Transaktionen" beziehen. Daraus wird allgemein gefolgert, dass im Rahmen der Eignungsprüfung sichergestellt werden muss, dass der Kunde die Dienstleistung Vermögensverwaltung/portfoliobezogene Anlageberatung, d.h. deren Wesensmerkmale und Funktionsweise sowie die ihm daraus entstehenden Pflichten und Risiken versteht. Die einzelnen Produkte muss der Kunde aber nicht verstehen, da er deren Auswahl an den Dienstleister delegiert hat, ausser es handle sich um Anlageinstrumente, welche mit besonderen Risiken verbunden sind. Hier muss sich der Finanzdienstleister vergewissern, dass der Kunde die besonderen Risiken einer bestimmten in der Strategie enthaltenen Anlageart versteht (SK FIDLEG-Sethe/Fahrländer, Art. 12 N 24).

Die FINMA geht nun einen Schritt weiter und verlangt, dass die Kenntnisse der Kundinnen "separat für jede Anlagekategorie zu erfragen sind, die bei der angebotenen Finanzdienstleistung zum Einsatz kommt" (Erläuterungen, S. 15), also unabhängig davon, ob die Kategorie mit besonderen Risiken verbunden ist. Dies geht m.E. zu weit.

Eine Bemerkung noch zur Eignungsprüfung bei der portfoliobezogenen Anlageberatung: Im Zusammenhang mit der Informationspflicht betr. die Art der Finanzdienstleistung wird in den Erläuterungen auf S. 9 f. festgehalten, dass vor jeder Empfehlung geprüft werden müsse, ob ein Finanzinstrument für einen Kunden geeignet sei. Die Prüfung erfolge anhand der konkreten Kenntnisse der Anlagerisiken und Erfahrungen des Kunden im Finanzsektor, dessen Risikofähigkeit und Risikotoleranz. Die Eignungsprüfung erfolge "wie bei der Vermögensverwaltung" (Erläuterungen, S. 9 a.E.). Bei der Vermögensverwaltung findet aber gerade keine Eignungsprüfung mit Bezug auf ein eingesetztes Finanzinstrument statt, sondern der Dienstleister klärt ab, ob dieses im Rahmen der (geeigneten) Anlagestrategie erworben werden kann. Die Eignungsprüfung bezieht sich also immer auf die Strategie und nicht auf das einzelne Produkt. Insofern erscheinen die Ausführungen der FINMA nicht vollends kongruent.

Das Rundschreiben gewährt für die Umsetzung der Vorgaben betr. Angemessenheits- und Eignungsprüfung keine Übergangsfrist.

Verwendung von Finanzinstrumenten von Kundinnen / Securities Lending (Rz. 15 ff.)

Art. 19 FIDLEG setzt Rahmenbedingungen für den Fall, dass Finanzdienstleister als Gegenparteien Finanzinstrumente aus Kundenbeständen borgen oder als Agenten solche Geschäfte vermitteln.

Das Rundschreiben konkretisiert in Rz. 15 ff. die Anforderungen an die dabei einzuhaltende Risikoaufklärung. Damit wird die bisherige Praxis des mit Inkrafttreten von Art. 19 FIDLEG aufgehobenen FINMA-RS 2010/2 "Repo/SLB" weitergeführt. Eine Übergangsfrist wird entsprechend nicht gewährt.

Interessenkonflikte

Allgemeines

FIDLEG und FIDLEV regeln an verschiedenen Stellen den Umgang mit Interessenkonflikten von Finanzdienstleistern. Art. 25 FIDLEG sieht folgende "Kaskade" vor:

  • Interessenkonflikte sind durch organisatorische Vorkehrungen möglichst zu vermeiden.

  • Können sie nicht vermieden werden, ist die Benachteiligung von Kundinnen durch Interessenkonflikte auszuschliessen.

  • Kann eine Benachteiligung nicht ausgeschlossen werden, so ist dies den Kundinnen offenzulegen.

Sodann führt Art. 27 FIDLEV verschiedene Verhaltensweisen auf, die gänzlich verboten sind, wie etwa Churning.

Verwendung eigner Produkte (Rz. 23 f.)

Das Rundschreiben befasst sich spezifisch mit Interessenkonflikten, denen ein Finanzdienstleister ausgesetzt sein kann, wenn er "eigene" Finanzinstrumente einsetzt. Dies sind einerseits vom Finanzdienstleister oder von einer mit ihm verbundenen Konzerngesellschaft ausgegebene Finanzinstrumente. Andererseits fallen darunter auch von Dritten emittierte oder angebotene Produkte, zu denen der Finanzdienstleister wirtschaftliche Bindungen aufweist. Eine solche kann etwa aufgrund einer massgeblichen Beteiligung, Vertragsbeziehungen oder aufgrund von persönlichen Beziehungen von Gewährsträgern des Finanzdienstleisters mit Dritten bestehen. Eine wirtschaftliche Bindung liegt sodann vor, wenn der Finanzdienstleister am Produkt kommerzielle Interessen hat, etwa weil er diese verwaltet, garantiert oder mit Bezug auf diese Anlageberatungsdienstleistungen erbringt (vgl. Erläuterungen, FN 22).

Das Rundscheiben und die Erläuterungen halten diesbezüglich nun folgendes fest:

  • Ein Finanzdienstleister muss seine Kunden darüber informieren, ob er nur eigene, eigene und fremde oder nur fremde Finanzinstrumente berücksichtigt. Mit Bezug auf die Informationspflicht betr. die Verwendung ausschliesslich fremder Finanzinstrumente geht das Rundschreiben über Art. 10 Abs. 1 FIDLEV hinaus.

  • Finanzdienstleister müssen die Kunden über die Interessenkonflikte aufklären, welche sich aus der Berücksichtigung eigner Produkte ergeben. Auch die Gründe für die Konflikte sind nachvollziehbar zu erklären. Die Information etwa, dass der Finanzdienstleister nebst der Vermögensverwaltungsgebühr auch eine Management Fee für die Verwaltung eines von ihm initiierten AMC erhält, müsste dahingehend ergänzt werden, dass dadurch ein Anreiz für die Bevorzugung des eigenen Produkts zum potentiellen Nachteil des Kunden geschaffen wird.

  • Solche sogenannten "Double Dips" könnten an sich einfach vermieden werden, indem unter dem Produkt auf die Gebühr verzichtet oder die Gebühr unter dem Dienstleistungsvertrag entsprechend reduziert wird. Dennoch spricht sich die FINMA nicht für ein Verbot des Double Dips aus, sondern verlangt, dass die Kunden so detailliert aufgeklärt werden, dass sie einen informierten Entscheid darüber treffen können, ob sie den Service trotz der damit verbundenen Interessenkonflikte in Anspruch nehmen wollen oder nicht. Die gezielte Bevorzugung eigener Finanzinstrumente zur Erreichung bestimmter Zielquoten wäre aber unzulässig, ebenso die Bevorzugung jener eigenen Finanzinstrumente, die eine höhere Vergütung vorsehen (Erläuterungen, S. 17). 

  • Werden nebst fremden auch eigne Produkte eingesetzt muss der Finanzdienstleister Massnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten treffen, wie namentlich einen Prozess zur Selektion von Finanzinstrumenten anhand branchenüblicher, objektivierter Kriterien definieren. Solche Kriterien wären etwa die Performance-Erwartung, Übereinstimmung mit dem Risikoprofil, gewünschte Diversifikation oder Kosten.

  • Sodann muss ein Finanzdienstleister sicherstellen, dass die Auswahl eigner Finanzinstrumente gegenüber fremden nicht durch Anreize im Vergütungssystem begünstigt wird (Erläuterungen, S. 18).  

  • Finanzdienstleister sollten ausserdem die für die Erstellung oder Verwaltung der eigenen Produkte zuständigen Betriebseinheiten von jenen für den Vertrieb trennen, was bei kleineren Vermögensverwaltern aber oftmals gar nicht möglich sein wird. In diesen Fällen erscheint ein klar definierter Selektionsprozess betr. den Einsatz eigener Produkte umso wichtiger.

Das Rundschreiben gewährt für die Umsetzung der oben beschriebenen Vorgaben betr. Interessenkonflikte beim Einsatz von eigenen Produkten eine Übergangsfist bis zum 30. Juni 2025.

Entschädigungen durch Dritte / Retrozessionen (Rz 25 - 29)

Das Rundschreiben enthält betreffend die Anforderungen an die Offenlegung der einem Finanzdienstleister von Dritten bezahlten Entschädigungen keine wesentlichen Neuerungen: Die Entschädigungen sind entweder in absoluten Zahlen zu deklarieren oder, sofern nicht vor Vertragsschluss feststellbar, anhand von Bandbreiten hinsichtlich der verschiedenen Klassen von Finanzinstrumenten. Bei der Vermögensverwaltung und bei der portfoliobezogenen Anlageberatung ist zusätzlich über die Bandbreiten der Drittvergütungen "anhand des Portfoliowertes und der vereinbarten Anlagestrategie" zu orientieren. Fehlen diese Angaben und leitet der Dienstleister die Drittvergütungen nicht an den Kunden weiter, wird Aufsichtsrecht (und auch Zivilrecht) verletzt.

Das Rundschreiben verlangt nun weiter, dass die Information über die Drittvergütungen optisch hervorzuheben ist, sofern diese in "Formularverträgen" erfolgt. Beim Formularvertrag handelt es sich – anders als bei AGB - nicht um einen terminus technicus und der Begriff wird in den Erläuterungen auch nicht definiert. Im Zweifel sind darunter aber die von den Finanzdienstleistern verwendeten Verträge zu verstehen, welche von ihnen einseitig ausgearbeitet werden, mehrheitlich identische Inhalte aufweisen, für alle Kunden betr. eine Finanzdienstleistung gleichermassen verwendet werden und den Kunden wenig Verhandlungsspielraum gewähren.

Dies würde bedeuten, dass Vermögensverwalter, welche Retros vereinnahmen und dies im Vertrag mit dem Kunden nicht optisch hervorgehoben haben, ein Repapering vornehmen müssen. Alternativ kann ein Finanzdienstleister seine Kunden auch nochmals explizit auf die Vereinnahmung der Retros hinweisen. Die Kenntnisnahme müsste von den Kunden wohl bestätigt werden.

Ein Repapering der Verträge bzw. eine Kontaktaufnahme mit den Kunden ist m.E. dann nicht nötig, wenn die Retros in einem spezifischen Anhang geregelt werden, welcher vom Kunden unterzeichnet wurde. Dies dürfte einer optischen Hervorhebung mindestens gleichkommen.

Das Rundschreiben gewährt für die optische Hervorhebung betr. die Entschädigung von Dritten eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2025.

Fazit

Das Rundschreiben erscheint auf den ersten Blick banal, da es in vielerlei Hinsicht gesetzliche Bestimmungen wiederholt bzw. die bereits bestehende, inbesondere im Rahmen der Beurteilung von Bewilligungsgesuchen von Vermögensverwaltern entwickelte FINMA-Praxis konkretisiert. Weite Teile des Rundschreibens enthalten somit keine Überraschungen.  

Einige "Specials" sind darin aber dennoch enthalten und da sich die Prüfgesellschaften und Aufsichtsorganisationen sehr eng an das Rundschreiben und die Erläuterungen halten werden, ist eine detaillierte Gap-Analyse für jeden Finanzdienstleister unumgänglich.

Diskrepanzen werden meist auf elegante Weise behoben werden können. Gerne helfen wir Ihnen dabei.

 

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